Ich will gar nicht mehr dazugehören, sondern mir selbst.

Mein Gott, hat das vielleicht lange gedauert, bis ich mir das eingestanden habe!

Aber von vorn: Wenn du das hier liest, bist du sehr wahrscheinlich an dem Punkt, vor dem ich vor ein paar Monaten war: am Hinterfragen von ALLEM. Am Hinterfragen von Freundschaften, eigenen Werten, fremden Werten, Bedürfnissen und vergangenen Ereignissen. Und bevor du vielleicht vorschnell eine Entscheidung triffst, will ich dir von meiner Situation erzählen, meinen Gedanken und schlussendlich dem Beenden von langjährigen Freundschaften – und wie viel besser es mir seitdem geht.


Im Leben nach Anschluss zu suchen ist total normal. Ich meine, wir sind soziale Wesen, wir brauchen Kontakte, Bindungen zu anderen Menschen, um uns wirklich “fully” zu fühlen. Ich glaube aber, es ist total wichtig, diese Menschen, unser Umfeld, regelmäßig zu hinterfragen. Denn wir ändern und entwickeln uns – gefühlt auch immer schneller. Wenn man nun aber nicht reflektiert, ob gewisse Bindungen überhaupt noch zu eigenen Werten passen, wird’s schwierig. So war es bei mir, deswegen kann ich dir heute davon erzählen. Ich war nie jemand mit einem riesigen Bekanntenkreis oder jemand, der große Parties schmiss. Ehrlicherweise habe ich das auch immer nicht gemocht – WG-Partys, “feiern gehen”, usw. Ich habe das in meiner Studienzeit mitgemacht, denn ich wollte ja dazugehören. Und wenn man zuhause blieb, um einen entspannten Abend mit einem guten Buch zu haben, war man ja langweilig. Ich glaube, dieses Bild ändert sich gerade, aber als ich vor sieben Jahren mit dem Studium begonn, war es leider noch so.

Also bin ich oft irgendwohin mitgegangen, um eben letztlich akzeptiert zu werden und als “cool” zu gelten. Wow, wenn ich das jetzt so lese, dann finde ich das sogar traurig. Aber ich habe es eben nicht hinterfragt. Mein Leben war ja auch nicht “schlecht”. Nur eben ganz weit weg von dem, was ich eigentlich wollte. Weit weg von meinen Bedürfnissen. Die kannte ich ja aber auch ganz oft nicht bzw. konnte sie gar nicht genau in Worte fassen. Gleichzeitig denke ich, dass das wohl auch okay ist – ich meine, ich war noch nicht mal 20. Woher sollte die Lebenserfahrung denn kommen?

Nun denn, ich glaube, die tieferliegende Angst bei all dem war natürlich, “ausgestoßen” zu werden, wenn man “nicht mitzieht”. Also habe ich mitgezogen und hab’s mir, als ich begonnen habe, mich mehr selbst zu reflektieren, ehrlicherweise schön geredet. “Du bist jung, du willst und musst was erleben. Du willst Leute kennenlernen, du willst kein Stubenhocker sein”, blaaaaa. Mit der Zeit ist das zwar besser geworden – ich konnte meine Bedürfnisse herausfinden und auch öfter äußern, wobei es mir stets schwerfiel, in eben jenen Freundschaften ein klares “Nein” zu äußern.

Learning: In echten Freundschaften darfst du immer deine ehrliche Meinung sagen – und hast auch das Gefühl, dass du alles sagen kannst.

True friendship nourishes your soul ✨

Naja, ich glaube rückblickend betrachtend waren diese Freundschaften eben gar nicht so ehrlich. Sondern eher ein wilder Strudel aus ‘jede will dazugehören’ (wozu eigentlich???), erwachsen werden, jede will jemanden haben, den man in der Insta-Story taggen kann (ja, das ist verdammt traurig) oder die mit zur nächsten Party kommt. Und ich sage gar nicht, dass per se alles schlecht war – wir hatten auch tolle Momente, Urlaube, Abende, zusammendurchgestandene Prüfungen und aufregende Sommer. Wir haben’s uns schon schön gemacht. Aaaaaber ich glaube, letztlich waren wir einfach noch sehr jung, ich zu jung zum Nein-Sagen, andere zu jung, um Kompromisse einzugehen oder genauer nachzufragen. Wahrscheinlich war das auch alles okay so – die 20er sind ja auch zum Lernen und Growen da.

Ich war ready zu verzeihen – aber da war niemand, der sich entschuldigen wollte.

So richtig angefangen, über diese Freundschaften nachzudenken, habe ich nach meinem Geburtstag letztes Jahr. Einige meiner damaligen Freundinnen haben sich mir und meinen anderen Freundinnen absolut eigenartig, respektlos und gemein verhalten. Ich sprach das im Nachgang an – denn damit haben sie mir im Prinzip meinen Geburtstag versaut; ich hatte am nächsten Tag eine fette Panikattacke. Ich war stolz auf mich, dass ich meine Grenzen zog und klarstellte, dass ich das nicht cool fand (wobei ich schon versuchte, empathisch und  respektvoll zu bleiben). Naja, long story short: Mir wurden meine Gefühle abgesprochen. Ich hätte die Situation falsch wahrgenommen, es wäre ganz anders gewesen, das sei alles nicht so gemeint. Es war also nur ein Abstreiten, die ganze Zeit. Und gleichzeitig erinnere ich mich daran, dass eine damalige Freundin bei einem Telefonat dazu über mich gelacht hat. Über mich gelacht. Über meine Ansichten. Über meine Gefühle. In mein Gesicht. What? DIE ROTE FLAGGE WEHTE HIER HEFTIG. Das war so schlimm.

Aber ich hatte so Angst, dass wenn ich sie verliere, ich alle meine Freundinnen oder Bekannten verliere (ein sehr unrealistischer Gedanke, aber es war eben so). Ich hatte Angst, nicht mehr dazuzugehören. Also blieb ich. In der Freundschaft. Obwohl ich so verletzt und traurig war. Auch weil es nie eine wirkliche, ernsthafte Entschuldigung oder eine Einsicht in eigene Fehler gab. Ich war ready zu verzeihen, aber da war niemand, der sich entschuldigen wollte. Aber ich blieb – aus ganz vielen Ängsten. Und irgendwann schob ich den Gedanken an diesen Vorfall beiseite. Ich verdrängte ihn. Wir haben den Disput also nie wirklich geklärt, sondern einfach weitergemacht. Eine ganz unschöne Basis. Aber ich konnte einfach noch nicht die Freundschaft beenden.

You’ve got this.

Letztlich war der Augenöffner für mich ein Gespräch, was ich mit meinem Partner führte. Als ich ihn kennenlernte, erzählte ich ihm von meinem letzten Geburtstag und dieser tragischen Situation. Das alles nochmal vor ihm offenzulegen und mich dabei selbst zu reflektieren, war crazy. Mir wurde bewusst, dass da ganz viel schiefgelaufen war. Mir wurde bewusst, dass ich deswegen auch monatelang gar keine Vorfreude auf gemeinsame Treffen empfunden hatte. Tief in meinem Inneren wusste ich: Diese Freundschaft ist nicht echt. Nicht gut. Nicht für mich. Das wurde mir dann an diesem Abend auch klar. Aber obwohl ich dann ehrlich zu mir selbst war, konnte ich die Freundschaften noch nicht beenden.

Wer raubt und wer schenkt dir Energie?

Das konnte ich erst, nachdem mir eine Freundin einen Impuls in Form eines Workbooks schenkte. Darin waren verschiedene Journaling Prompts, die sie für mich ausgesucht hatte. Eine davon war: meine Energieräuber zu identifizieren – das waren einige dieser Freundschaften. Es wurde mir schlagartig bewusst, dass sie mir literally Energie, Akku raubten. Dass ich schon ganz lange gar nicht mehr hinter dem stand, hinter dem sie standen. Dass wir anderen Werten hatten. Andere Lebensvorstellungen. Andere Gefühle. Andere Ansichten. Andere Ziele. Dass wir uns auseinander entwickelten. Dass ich ganz oft meine Stimme verschluckt habe. Dass ich ganz oft meine Bedürfnisse ignoriert habe, weil kein Space da war, sie zu teilen. Dass ich mich ganz oft verstellt habe, um dazuzugehören. Dass ich oft mit wohin gegangen bin, weil ich das Gefühl hatte, nicht Nein-sagen zu können. Dass ich im Zug zu ihnen Panikattacken hatte, weil ich da einfach nicht hinwollte. Dass ich ganz oft innerlich angespannt war, weil ich nicht ich selbst sein konnte. Dass ich ganz oft nicht ehrlich zu mir selbst war. Dass ich ganz oft überangepasst war. Dass ich ganz oft mein Bauchgefühl weggedrückt habe. 

Ich entscheide mich für mich

All das wurde mir dank dieser Journalingübung auf einmal bewusst. Und ich wusste: Ich muss etwas ändern. Ich habe dann (rückblickend etwas überstürzt und ehrlicherweise sehr unschön via WhatsApp, worauf ich nicht stolz bin und was ich heute anders machen würde) vier Freundschaften beendet. Ich muss sagen: Seitdem geht es mir besser. Weil mein Kreis jetzt aus echten Verbindungen besteht, ich mich in meinen Freundschaften nicht verstellen muss. Ich auch gar nicht mehr versuche, irgendwo dazuzugehören. Ich merke jetzt, ich will mir selbst gehören und das tue ich endlich. Ich gestalte meine Wochenenden viel intuitiver, anstatt durch halb Deutschland zu fahren, um wieder ein ganz Wochenende so zu verbringen, wie ich es doch gar nicht mehr verbringen will. Mir hat diese Entscheidung also sehr gut getan – weil ich mich damit für mich entschieden habe. Endlich, endlich, endlich.

Ich entscheide mich für …

mich.
Immer wieder.

Friends for everything?

Mein Freund hat vor einer Weile einen sehr spannenden Gedanken mit mir geteilt, an den ich oft denken muss und der meine Perspektive auf Freundschaft verschoben hat:

Nicht mit jeder Freund:in musst du alles machen können. Period. 🤯

Das war für mich ehrlicherweise mindblowing. Du musst nicht mit jeder Freundin dieselben Interessen teilen, mit jeder Freundin zusammenziehen oder in den Urlaub fahren wollen. Es ist okay, wenn du weißt, dass du mit einer Freundin besser über die Thema x, y und z sprechen kannst, während du mit der anderen besser zusammen auf der Couch liegen und tagelang in Büchern verlieren kannst. Das ist okay!

Ich weiß schon, dass man natürlich nicht mit jeder Freundin auch “beste Freundin” sein muss. Aber mir geht es hier einfach allgemein um den Gedanken, dass es in Freundschaften verschiedene Schwerpunkte geben darf. Das hat mir irgendwie ganz viel Druck genommen.

Nun aber zu dir!

Ich tippe, wenn du bis hierhin gelesen hast, willst du jetzt natürlich wissen, was DU machen kannst, um nicht mehr “dazuzugehören” – oder auch erstmal rauszufinden, was du überhaupt willst. Das sind meine 3 Steps dazu:

  1. Self-Check-In

  2. Energieräuber und Kraftorte

  3. Vision

1️⃣ Self-Check-In

Let’s talk about: you. Als erster Impuls kann dir ein Self-Check-In helfen. Dich mit deinen eigenen Bedürfnisse zu beschäftigen, ist nie verkehrt und für diesen Zweck auch notwendig. Also mach’s dir gemütlich: Mach dir ‘nen Tee, Schoki, zünde dir eine Kerze ein oder wie auch immer du eine entspannte Umgebung für dich schaffst (wir alle lieben Cozyness, oder?). Dann schnappe dir gern Stift und Papier oder irgendetwas zum Journaln.

Meine Prompts oder Reflektionsfragen für diese Situation an dich sind:

  • Wie fühlst du dich?

  • Wo willst du dazugehören? (Beschreibe die Personen, die Gruppe, den Club, o. Ä.)

  • Welches Gefühl geben dir die damit verbundenen Personen?

  • Welche Gefühle willst du in zwischenmenschlichen Beziehungen haben? Was ist dir wichtig?

  • Vertreten die Personen, die Gruppe, der Club, etc. deine Werte?

  • Wer sagt dir, dass du dazugehören sollst – du dir selbst? Dein Umfeld? Deine Eltern?

  • Wer bist du, wenn du mit diesen Personen, etc. zusammen bist?

Du musst diese Fragen nicht alle beantworten. Schau, womit du dich gut fühlst!

💌

2️⃣ Energieräuber und Kraftorte

Nun lass uns weitergehen und uns dein Umfeld anschauen. Versuche einmal zu reflektieren:

  • In welchen Momenten habe ich mich zuletzt richtig gut und wohl gefühlt? Wie war die Situation? Wer war dabei?

  • Auf welche Vorhaben in der Zukunft freue ich mich – und auf welche habe ich eigentlich gar keine Lust?

  • Mit welchen Menschen kann ich ‘ich’ sein?

  • Mit welchen Menschen merke ich bei Treffen, dass ich mich gerade verstelle und irgendwie nicht sagen kann, was ich denke, oder sein kann, wer ich bin?

  • Wer zieht mir soziale Energie – und wer schenkt mir welche?

Du musst diese Fragen nicht alle beantworten. Schau, womit du dich gut fühlst!

Diese Fragen können weh tun – I know. Versuche dich dran zu erinnern, dass du als Basis für die Antworten hier deine Gefühle nimmst. Die sind nie verkehrt. Ich weiß, dass es schwer sein kann, so ehrlich zu sich selbst zu sein, vor allem wenn es um Menschen geht, die schon lange in deinem Leben sind. Aber Girl, wenn sie dir nicht mehr gut tun: Was haben sie dann noch da drin verloren? ❤️‍🩹

3️⃣ Vision

Ich will aus diesem Punkt gar keine nervige oder überfordernde Aufgabe machen. Du musst nicht die nächsten Vision von dir erfinden oder nun ein Vision Board erstellen, noooo. Wir halten es einfach!

  • Reflektiere einfach mal für dich (gedanklich, schriftlich, whatever), wie du gern deine Zeit gestaltet. Was macht dir richtig Spaß? Egal ob allein oder mit anderen. Was willst du machen? Wie willst du deine Zeit verbringen?

  • Und dann frage dich einmal: Mit wem kannst du genau das machen? Oder bei wem kannst du dir vorstellen, dass diese Freund:innen offen dafür wären? Wer würde deine Ideen (Bedürfnisse) aber ablehnen? Da hast du die Antwort.

Was denkst du dazu, zu diesem ganzen Freundschaftsthema? Lass es mich oder uns doch gern wissen. Als Kommentar hier, als DM auf Insta oder jederzeit per Mail. Ich freue mich sooo über unseren Austausch!

Pass auf dich und deine Herzmenschen auf <3

xoxo, ohmaxicobabe

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Ich habe Zeit.