Wie du für mentale Ruhe sorgst.
Ich will, dass sich mein Leben leicht anfühlt, denke ich; ein Gedanke, mit dem ich fast jeden Morgen beginne, wenn meine tägliche positive Selbstaffirmation in meinem 6-Minuten-Tagebuch mal wieder “Ich entscheide mich heute für Vitalität, Leichtigkeit und Gelassenheit” lautet.
That’s no big deal, life will go on
Der Gedanke begleitet mich zwar oft, aber das Gefühl noch nicht. Ich will es so sehr haben, dass ich mir erhoffe, dass ich es nach dem neuen Buch von Marie Luise Ritter, “Von der Kunst, das Leben leicht zu nehmen”, haben werde, aber ich weiß zu gut, dass dem natürlich nicht so ist, nur weil ich ein Buch lese. Sie schreibt unter anderem über die spanische Mentalität, der eine Leichtigkeit schon innewohnt. Das kann ich nur bestätigen: Wenn ich J beobachte, der aus Spanien kommt, entdecke ich diese Gelassenheit in all seinen Worten und Taten. Und bewundere es. Meinen verunglückten Süßkartoffelbrownie heute, mal wieder ohne Rezept, dafür mit viel Hoffnung gebacken, kommentierte er nach einem kleinen Lachanfall mit “It’s okay, babe. That’s no big deal, life will go on” – obwohl er sich sehr darauf gefreut hatte. Wenn ich darüber nachdenke, wie ich reagiere, wenn ich mich (vor allem auf Essen) sehr freue und dann enttäuscht werde, ist meine Reaktion (leider) ungefähr 300 km weit weg von “No big deal”. Ich mache ‘nen Deal draus. Ich mache mir Stress.
Bei ihm sieht diese Leichtigkeit so einfach aus; ich weiß, dass sie aus seinem Innersten kommt und nicht gespielt ist. Und ich weiß auch, dass ich von ihm sehr viel darüber lernen kann und doch frage ich mich, wie viel. Inwieweit kann man das lernen? Das Leben leicht zu nehmen? Ich wünsche mir, dass ich es, mit ganz vielen kleinen Schritten und Glaubenssatz-Veränderungen sehr gut lernen kann. Und doch habe ich die leise Befürchtung, obwohl ich sonst eigentlich optimistischer eingestellt bin, dass es irgendwie ein Teil von mir ist, den ich nie ganz verstummen lassen werden kann. Liegt in dieser Vermutung schon der erste Fehler? Ich weiß es nicht.
Sei es Leichtigkeit, Gelassenheit, sich nicht mehr kümmern, was andere denken – ich nenne das Wunschgefühl, das ich gern hätte (lol, als sei es ein Artikel auf Amazon) “mentale Ruhe”. Mein Geist sehnt sich nach Frieden.
Willkommen im Club der People Pleaser
Ich bin chronische People Pleaserin. Das habe ich schon vor ein paar Jahren erkannt, aber das Ausmaß ist mir erst in den letzten Monaten bewusst geworden. Falls du auch in dem People Pleaser Club bist, dann weißt du ja, wovon ich rede: die eigene Meinung runterschlucken, sich nach anderen richten, eigene Bedürfnisse oder Gefühle ignorieren/schönreden/verdrängen, immer zuerst die Idee der anderen hören, weil man nicht weißt, ob die eigene okay ist, sich hinten an stellen, anpassen, nicken, schweigen, gehorchen, bloß nicht auffallen, keine Widerworte, Ja sagen, eben: pleasen.
Du bist okay
“Du bist okay”, höre ich mich zu Freundinnen sagen oder in WhatsApp-Chats tippen. Und meine das so. Aber wenn ich das zu mir selbst sage, puh. Das zu glauben wird schon schwieriger. Obwohl ich weiß, dass es wahr ist – und an vielen Tagen auch glauben kann.
Vielleicht ist das auch der erste Gedanke, der uns (ich denke, wenn du diesen Text liest, beschäftigen uns ähnliche Sorgen; falls du das hier nur liest, um mich zu supporten, dann ist das auch toll – in beiden Fällen danke!) helfen kann. Radikale Selbstakzeptanz. Irgendwie auch, weil es das Einzige ist, das wir machen können, oder? Ich meine, was bleibt uns Anderes übrig? Ewig im Krieg mit uns selbst sein? Darauf habe ich keine Lust; dazu ist mein Leben zu kurz. Ich will lieber Frieden schließen. Ich habe das Gefühl, dass mir das leichter fällt, wenn ich mir all meine Stärken, positiven Eigenschaften, Dinge, die ich an mir mag, vor Augen halte – aber das mache ich selten. Meine liebe Freundin V hat mich dazu zuletzt inspiriert und es war ein tolles Gefühl, mir bewusst zu machen, was für Talente in mir schlummern. Und ja, schlummern. Weil ich das eben ganz oft vergesse und gar nicht nutze. Aber mit dieser Erkenntnis kann ich’s ja jetzt anders machen, richtig?
thoughts | 02.08.2023
Eine weiße Wolkenwand, als ich aus dem Flieger schaue. Azurblauer Himmel und ich ärgere mich, dass wir nicht doch in einen klassischen Sommerurlaub fliegen. In Dublin wird uns Regen erwarten und Jacken-Wetter. In den Flieger zu steigen war heute einfach. Auch weil ich nicht alleine war. Irgendwie ist es aber auch kaum etwas anderes als meine vielen ICE-Fahrten in letzter Zeit (den letzten Jahren?).
Es ist wieder Kofferpacken gewesen, irgendwie die Anreise organisieren, Ticket zeigen, boarden, nicht entspannen können, unterwegs sein. Dann ankommen, aber ich weiß, dass es wieder nur kurz ist und dass ich ab spätestens in zwei Tagen wieder nur an den Rückflug denken werde. Es ist seltsam, meinen Laptop nicht dabei zu haben und seltsam, nicht arbeiten zu müssen. Und auch wenn ich mich freue, unnormal freue, und auch wenn ich weiß, dass ich mir diese Auszeit verdient habe und sie vor allem auch sehr brauche, so fühle ich mich doch wieder und immer noch lost.
Lost zwischen Lebensentscheidungen. Lost zwischen Trennung von alter Liebe und alter Freundschaft. Lost zwischen dem Wechsel von Wohnorten. Lost beim Aufbauen neuer Kontakte, weil ich ja schlussendlich jetzt doch wieder nicht weiß, wie lange es Erfurt noch für mich ist. Und weil ich schon wieder über München und einen nächsten Umzug nachdenke, nehme ich mir selbst den Platz, Erfurt zu genießen.
Und weil ich schon wieder über die nächsten Monate nachdenke, nehme ich mir selbst den Platz, das Hier und Jetzt zu genießen. Das Hier & Jetzt: im Flieger sitzen und das neue Buch von luiseliebt lesen. Und das ist doch eigentlich mehr als genug. Ich muss jetzt gerade nichts tun. Ich kann jetzt 2h aus dem Fenster gucken. Lesen. Die Augen schließen. Aber ich denke an den nächsten Schritt. Ich bin nicht hier, ich bin nicht jetzt
Aber es ist hier und es ist jetzt, als ich beschließe, mir einen Flug allein in ein Land allein zu buchen. Vielleicht diesen Herbst. Luise hat mich inspiriert. Und mein Handy mir gesagt, dass alles damit beginnt, dass ich an mich glaube. Also glaube ich jetzt an mich. Hier und jetzt. Für dort und morgen
Und gleichzeitig möchte ich jetzt Stift und Papier haben, weil mir auffällt, wie schön es ist von zwischenmenschlichen Beziehungen zu lesen. Und wie schön es wäre, meine zu verschriftlichen.
Und irgendwie glaube ich, dass ich jetzt, hier und jetzt, im Flieger, gerade zu mehr Klarheit komme und mehr zu mir finde. Bzw mir gerade selbst ein Stück näher komme. Ich lerne Grenzen setzen und Bedürfnisse kommunizieren. Ich lerne, meine Gefühle zu erkennen. Ich lerne, dass ich nicht alle verliere, wenn ich sie verliere. Ich fühle mich klein und gleichzeitig erwachsen und habe endlich das Gefühl, hier hoch oben über den Wolken, mal Abstand nehmen zu können von all den Gefühlen und Entscheidungen, die ich am Gate und am Boden des BER zurückgelassen habe. Und da können sie auch erstmal bleiben. Ich möchte sie auch eigentlich nicht nach dem Rückflug aufsammeln. Ich will einfach nur mentale Ruhe.
Du bist fast allen anderen egal.
Wie befreiend ist diese Erkenntnis? ✨
Ich kann mir vorstellen, dass du den Spotlight-Effekt nur zu gut kennst: Du bist im Gym und jeder sieht, dass du nicht checkst, wie das verdammte Gerät funktioniert. Du stehst an der Supermarktkasse und verlierst das stumme Duell zwischen dem Kassierer und dir – mit Abstand. Du hältst eine Präsentation im Job und alle sehen den neuen Pickel an der Nase oder dass dein Outfit aus dem Zara und nicht maßgeschneidert ist. Falls dir diese Situationen bzw. vielmehr die Gedanken dahinter nicht bekannt sind: Wow, wie schön! You are blessed. Falls sie dir bekannt sind: I feel you. Du denkst halt, die Erde dreht sich um dich, aber lass mich dir sagen: Das tut sie gar nicht – und das ist absolut okay.
Mit Ausnahme von dir nahestehenden Personen, vielleicht Freundinnen, Freunden, Familie, Partnerin oder Partner könnten sich alle anderen kaum weniger dafür interessieren, was du machst, sagst, an hast, wie du dich bewegst, aussiehst oder was auch immer. Denn die Wahrheit ist, dass jeder mit sich selbst beschäftigt ist, mit eigenen Struggles und Dämonen kämpft, die du nicht sehen kannst. Wenn dir in der nächsten Zeit eine dieser Situationen begegnet, versuche es mit einem Realitätscheck: Wer denkt gerade wirklich darüber nach oder bekommt die Situation überhaupt mit? Die Antwort strebt gegen Null.
Dein Umfeld definiert dich.
Ich habe mal gelesen, ich glaube in einem Newsletter von Dominik Spenst*, den ich dir seeeehr empfehlen kann, wenn du wöchentliche Pushs für ein glückliches Leben möchtest, dass uns die 5 Menschen definieren, mit denen wir am meisten Zeit verbringen. Sie stecken uns an mit ihrer Power, ihren Visionen, teilen bestenfalls unsere Träume oder inspirieren uns – können uns aber auch hemmen oder uns unseren Optimismus nehmen.
Es ist wichtig, dass wir unser Umfeld von Zeit zu Zeit hinterfragen. Menschen ändern sich, Meinungen auch. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich manchmal aus langjährigen, scheinbar ‘guten’ Verbindungen lösen muss. Bedenke: Es ist immer immer immer viel wichtiger wie sich etwas für dich anfühlt als wie es von außen aussieht. Du verdienst Menschen in deinem Leben, die dir mit Respekt, Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit begegnen. Ich sehne mich mittlerweile richtig nach tiefen Gesprächen, ehrlichem Interesse aneinander, einer guten Zeit, aber wirklich weil man will, dass es auch dem anderen gut geht, nicht, um schöne Fotos für die Instagramstory zu haben. Sein Umfeld zu hinterfragen und vielleicht zu verändern, kann weh tun. Aber ich glaube, dass das manchmal notwendig ist.
By the way: Wie sieht denn etwas von außen aus? Wer kann das schon sagen? Siehst du – niemand. Wenn du dir darüber Gedanken machst, wie das und das jetzt von außen aussehen mag, lebst du in einer Fiktion, in einer Utopie, die weit von jeder individuellen (!) Wahrheit entfernt ist. Du musst dein Leben nicht für andere schön machen, es soll sich nur für dich schön anfühlen. Und das musst du auch niemandem erklären. :)
Außerdem: Diese Gedanken sagen immer mehr über dich als über die andere Person aus; vergiss das nicht.
Okay, schön und gut. Was machen wir denn jetzt aber mit dem Chaos im Kopf? Vielleicht ist der Ursprung unserer Unruhe nicht unser Umfeld (weniger oft), sondern er ist in uns (meistens)?
Ich weiß es noch nicht. Ich find’s gerade raus.